Wer vebreitet Inhalte?

Wer Content verteilen moechte, muss vom Rechteinhaber das Verbreitungsrecht bekommen. Betrachtet man den Weg, den ein Fernsehsignal vom Sender bis zum Empfaenger nimmt, ergeben sich im Zusammenhang mit der rechtlichen Situation interessante Fragen:

Beispiel Kabelfernehen: Angenommen, der Sender PRO 7 sendet zur besten Sendezeit einen Spielfilm. Von einem Holywoodstudio hat der Medienmogul Leo Kirch die Rechte erworben, diesen Film in Deutschland zu zeigen und hat die Ausstrahlungsrechte seinem Sender PRO 7 weiterverkauft.

Das Sendeband wird in die MAZ eingelegt und gelangt ueber eine Standleitung zur Telekom. Nun befindet sich der Film in den Haenden der Telekom. Die Telekom schickt den Film ins Fernsehkabel und zu einem Satelliten. Von dort gelangt der Film zu einem privaten Kabelnetzbetreiber. Wieder wechselt der Film seinen Besitzer. Der private Kabelnetzbetreiber sendet den Film schliesslich bis zur Kabeldose im Wohnzimmer. Dort wechselt der Film erneut den Besitzer und landet schliesslich auf meinem Fernseher oder auf der Festplatte meines Computers. Frage: wer hat das Programm verbreitet?

Dafuer dass ich Kabelfernsehen empfangen kann, bezahle ich meinem Kabelnetzbetreiber monatliche Gebuehren. Mir (und allen seinen Kunden) gegenueber tritt der Kabelnetzbetreiber also als Verbreiter auf. Und fuer jedes Programm, das der Kabelnetzbetreiber ins Netz einspeist, muss er sich vom Sender das Recht holen, dies zu tun.

In Deutschland bezahlen die Sender (der Telekom) Geld dafuer, ins Kabelnetz eingespeist zu werden. Private Kabelnetzbetreiber wiederum bezahlen die Telekom dafuer, Kabelprogramme in ihre Netze uebernehmen zu koennen. Die Situation, dass Contentanbieter (Sender) den Netzbetreiber (Telekom) dafuer bezahlen, dass sie ihre Inhalte uebertragen koennen, ist uebrigens typisch fuer Deutschland und spiegelt das Telekommonopol. In den USA muessen die Netzbetreiber die Contentanbieter dafuer bezahlen, dass sie die Programme einspeisen duerfen. Mithin ist es in einem Wettbewerb um den Kabelkunden entscheidend, interessante Programme anbieten zu koennen.

In dem Moment, wo ein Netzbetreiber aber aus allen moeglichen Inhalten diejenigen selektiert, bei denen er sich die meisten (und zahlungskraeftigsten) Zuschauer verspricht, tritt er selbst als Verbreiter von Inhalten auf. Und muss logischerweise dem Rechteinhaber der Inhalte dafuer Geld bezahlen.

In Deutschland vertritt die GEMA die Interessen von Rechteinhabern. Ein Urheber von audiovisuellen Inhalten wird GEMA Mitglied, damit er Geld einnimmt, wenn sein Werk verbreitet wird. Wer Inhalte verbreitet, kopiert oder Kopien kauft (z.B. DVDs), zahlt GEMA Gebuehren - ein Teil dieser Gebuehren fliesst dann zurueck an den Urheber.

Das Urheberrecht erklaert den Rahmenvertrag, der vor kurzem zwischen der ANGA (dem Verband der privaten Kabelnetzbetreibern) und der GEMA zustande kam:

Rueckwirkend zum 1. 7. 1997 muessen die ANGA Mitglieder der GEMA Gebuehren fuer die Verbreitung von Programmen in ihren Kabelnetzen nachzahlen. Ein Netzbetreiber ist man nach der Vereibarung erst, wenn man ueber 75 Wohneinheiten mit Programm versorgt. Bis zum heutigen Tag summiert sich die Nachzahlung uebrigens auf ca. 10 DM pro angeschlossene Wohneinheit.

Der Rahmenvertrag zwischen ANGA und GEMA zeigt, wie schwammig das Urheberrecht ist und wie schwierig es durchgesetzt werden kann. Nahezu jeder Kabelnetzbetreiber hat Inhalte verbreitet, ohne jemals an GEMA Gebuehren zu denken.

Ein anderes offenes Geheimnis ist, dass viele Kabelnetzbetreiber in ihre Netze Satellitenprogramme fuer auslaendische Mitbuerger einspeissen, um ihre Netze interessanter zu machen. Es ist davon auszugehen, dass die urheberrechtliche Lage bei der Einspeisung (also Verbreitung) dieser Programme auf keinen Fall geklaert ist. Dies ist nicht unbedingt die Schuld der Netzbetreiber - oft wird es unmoeglich sein, die Rechtelage zu klaeren. Man stelle sich nur vor, dass der Betreiber eines kleinen deutschen Kabelnetzes nach Russland faehrt, um dort mit einem Sender ueber die Verbreitung eines Programms in seinem Kabel zu verhandeln, dessen Urheberrechte selbst fragwuerdig sind.

Fazit: bei der Verbreitung audiovisueller Inhalte im Netz herrscht ein rechtefreier Raum.